NEWSLETTER Nr. 7
Editorial
Liebe Leserinnen und liebe Leser,
„Zwei Seelen wohnen, ach! in meiner Brust“ schrieb schon Johann Wolfgang von Goethe
(Faust I, Vor dem Tor). Auch in meinen Seminaren und Coachings erlebe ich, dass
Menschen unterschiedliche Seiten in sich tragen, zwischen denen sie hin- und
hergerissen sind. Oft kommen die inneren Seiten zum falschen Zeitpunkt zum Tragen.
Für die einen ist es der „innere Schweinehund“, für andere ist es das „innere Kind“.
Es finden sich davon aber noch eine Reihe weiterer Exemplare. Was die Sache mit
den inneren Anteilen auf sich hat und wie Sie mit Ihren inneren Anteilen besser
zurechtkommen, darum geht es in diesem Newsletter.
Viel Vergnügen für Sie und Ihre mannigfaltigen Seelen in
der Brust.
Adventliche Grüße
Barbara Frien
„Zwei Seelen wohnen, ach! in meiner Brust“
Ist innere Zerrissenheit zu irgendetwas gut?
Schon Goethe sprach von der inneren Zerrissenheit, die im Menschen steckt. Sicherlich lassen sich auch noch viel ältere Quellen finden, in denen sich Menschen über ihre widersprüchlichen inneren Anteile äußern. Letztendlich ist es ein Phänomen, das wir aus dem Alltag kennen. Der Wecker klingelt, die Pflichtseite meint, wir sollten aufstehen, aber eine andere Seite in uns möchte sooo gern noch liegen bleiben. Da ist noch Müdigkeit und im Bett ist es so gemütlich. Die andere Seite wiederum treibt uns an: „Du wolltest noch das und das machen! Und Du hast es schon zwei Tage geschoben. Und außerdem bist Du selbst schuld, wenn Du so spät ins Bett gehst.“ Eine dritte Seite wägt ab und erklärt: „Wenn Du Dein Vorhaben am Wochenende erledigst, dann ist es immer noch rechtzeitig und jetzt kannst Du noch 20 Minuten liegen bleiben.“ So setzen wir unsere inneren Anteile ein, um in Situationen einen Weg zu einer sinnvollen Lösung zu finden.
Der Bekannteste von allen: Der innere Schweinehund
Der vertrauteste Anteil ihrer Persönlichkeit ist für viele der innere Schweinehund. Meinen Klienten empfehle ich, ihn pfleglich zu behandeln und sich den inneren Schweinehund bildlich vorzustellen, damit sie gut mit ihm umgehen lernen: Wenn dieses Teil ein Wesen wäre, was wäre das für eines? Wie sieht dieser innere Schweinehund aus, der Sie immer wieder davon abhält, zum Sport zu gehen? Machen Sie sich ein Bild davon. Wenn Sie Lust haben, können Sie dieses Bild sogar malen.
Kann ein Schweinehund nützlich sein?
Für die Arbeit mit dem inneren Schweinehund sind folgende Fragen wichtig:
Wie sieht er aus? Könnte er auch eine gute Absicht haben? Was ist die gute Absicht, die er verfolgt? Was ist also das Gute daran, wenn Sie nicht zum Sport gehen? Geht es vielleicht darum, eine Überforderung zu verhindern oder soll es mehr innere Ruhe geben? Oder sollen Sie etwas tun, was Ihnen Spaß macht, und das wäre einfach nur eine andere Sportart.
Dem Schweinehund einen Platz zuweisen und mit ihm reden
Wenn Sie sich Ihren inneren Schweinehund vorstellen, dann können Sie ihm einen Platz in dem Raum geben, in den Sie gerade sind. Wo genau ist der Platz?
Sie können jetzt einen bewussten Dialog mit diesem ihrem Anteil führen. Dieser Dialog läuft in der Regel sonst unbewusst ab. Fragen Sie dieses vorgestellte Wesen, was seine Absicht für Sie als Gesamtperson ist. Lassen Sie sich überraschen, wie diese Seite in dem Dialog antwortet. Dabei gilt: Die erste Idee ist meistens die Beste.
Nun gibt es ja noch die Seite, die zum Sport gehen will. Die Gesundheitsbewusste. Wenn diese Seite eine Form hat, wie ist die dann? Wo hat diese Seite einen Platz im Raum?
Ganz konkret kann es werden, indem Sie die jeweiligen Meinungen der widersprechenden Teile laut aussprechen, während Sie deren jeweiligen Platz einnehmen, also sich auf den Platz des Schweinehundes oder der Gesundheitsbewussten stellen oder setzen. Das kann dann so aussehen:
Diskussionsrunde mit multiplen Akteuren
Was sich in diesem kleinen Dialog für zwei abspielt, hat oft noch mehr Mitglieder im inneren Team. Gern denke ich in diesem Moment an eine Klientin, die ihre unterschiedlichen Anteile immer wieder um ein inneres Lagerfeuer versammelte, bis die kritischen Themen geklärt waren. Dazu entwickelte sie neue innere Anteile bis hin zu einer inneren Chefin, die dann die Moderation übernahm.
Wenn Ihnen das nun seltsam vorkommt, lassen Sie sich doch einfach mal auf eine Probe ein. Was können Sie tun? Forschen Sie nach Ihren inneren Anteilen. Welche sind es? Inneres Kind, die Sportliche, die Sachliche, der Antreiber, der Kritiker, die Rebellische ...
Schreiben Sie auf, welche Anteile Sie in einer bestimmten Situation haben. Finden Sie Bilder und Figuren dazu und fördern Sie Ihren inneren Dialog, indem Sie von den Anteilplätzen aus miteinander reden. Sie werden überrascht sein, welch ein Dialog entsteht und wie sich schließlich innere Konflikte klären.
Ich wünsche Ihnen viel Selbsterkenntnis mit all Ihren Seelen in der Brust, eine schöne, entspannte Weihnachtszeit und einen guten Start ins Neue Jahr.
Herzliche Grüße
Barbara Frien
PS. Gerade sind die Psychologin und die Schreiberin aktiv. ;-)
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